Stare
Stare ist ein Bildband von Derek Ridgers.
Inhalt / Details
Wir alle haben es schon getan. Jedenfalls da wo ich herkomme. Du bist mit deinen Freunden in diesem dröhnenden, absolut angesagten Klub, hast ein paar Bierchen intus und siehst ziemlich super aus. Du fühlst dich... neckisch. Es ist einer der Orte, die nur dazu da sind, sich aufzutakeln und herzuzeigen, und du musst jetzt einfach eine Runde drehen. Also stehst du auf und schlenderst herum, bis du in dieser leicht vergammelten Ecke landest, neben dem Korridor ins Nirgendwo und dem Notausgang, und dort findest du Ihn – den Typ, der jetzt ein Foto von dir machen wird, das steht für dich jedenfalls fest. Er steckt in einer schwarzen ledernen Motorradjacke, die man seit Dekaden kennt, einer schwarzen Lederjeans, die gerade noch dem Dress-Code gerecht wird, mit Willie Nelson-mäßigem grauschwarzen Pferdeschwanz und Bart, Professorenbrille und gelassener Haltung – das kann nur Derek Ridgers sein, Rock-, Promi- und Nightlife-Fotograf vier stürmischer Jahrzehnte. Vielleicht plaudert er gerade mit Journalisten – Tony Mitchell, dem Herausgeber des Hochglanz-Fetisch-Lifestylemagazins Skin Two, oder Marcus Georgio vom Loaded. Mehr als wahrscheinlich sondiert er die Menge, auf der Suche nach interessanten Originalen – Männern und Frauen, die die Stimmung der Party, des Moments, der Ära in sich einfangen. Solche Menschen sprechen ihn oft an und verlangen nach Verewigung. Manchmal ist er es, der eine besonders auffällige und passende Kreatur anspricht und höflich darum bittet, ein Foto machen zu dürfen. Manchmal – und ich muss gestehen, dass auch ich schon dieser Sportart gefrönt habe – manchmal sind es Kollaborateure, die das Partyvolk nach fotogenen Individuen absuchen, die sie dann für ihn anwerben. Was du tust, wenn er seine Kamera auf dich richtet, bleibt dir überlassen – Ridgers gibt seinen Modellen nie Anweisungen – sie bestimmen die Pose, sei sie auch noch so provokativ oder prüde.
Er ist absolut gründlich. Wer das Glück hatte, auch nur einen Bruchteil seiner Nightlife-Sammlung zu bestaunen, wird ihren kulturellen Stellenwert bestätigen. Alle Nachtvögel sind vertreten – Hippies, Punks, Raver, Gruftis, Teds, Mods und jeder hübsche Junge und jedes unanständige Mädchen dazwischen, vor Ort abgelichtet in ihrem (un)natürlichen Habitat. Es gibt auch eine starke Darbietung von umtriebigen sexy Objektivverführern, die die Halbwelt von Fetisch-, Mode-, Sex- und Glamour-Etablissements bevölkern, zumeist in London, aber auch anderswo auf der Welt.
Viele der Bilder, die für diese Anthologie ausgewählt wurden, sah man schon im Loaded, dem englischen Printphänomen. Als Loaded 1994 gegründet wurde, änderte es mit seinem freimütigen, hedonistischen Weltbild von Sex, Chips und Rock’n’Roll für immer das Format Männermagazin. Herausgeber James Brown, der Ridgers’ Arbeit aus den Tagen der Zusammenarbeit beim englischen Musikmagazin NME gut kannte, machte die Nachtklubserien zu einem Kernelement der Loaded-Mischung. Ridgers’ Montagenkolumne Getting Away With It (zunächst auf Ridgers selbst bezogen, der hier ungestraft davonkommt, doch bald schon zu einer treffenden Beschreibung des Magazins als Ganzes geworden und jener selbstbewussten, oft sagenhaft exhibitionistischen Frauen, die darin abgelichtet wurden) wurde bald zur Legende. Kein Wunder, dass es zwischen den Mädchen auf Ridgers’ Bildern und jenen auf den Titelseiten von Loaded und anderen Mode-, Glamour- und Sexmagazinen einige Überschneidungen gibt. Getting Away With It gibt es bis heute, und so werden weiterhin mannbare Schönheiten auf der Suche nach Aufmerksamkeit oder vorzeigewilliges Partyvolk zur furchtlosen Objektivanmache animiert.
Verlag
Goliath Verlag.
Autor
Derek Ridgers