E-Girl

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E-Girls bezeichnen Mädchen und zumeist sehr junge Frauen, die sich durch bestimmte Stilelemente äußerlich von anderen Jugendlichen abheben und innerhalb ihrer Szene eine stark sexualisierte, internetorientierte Lebensweise verkörpern. Die Bandbreite reicht vom Zitieren bestimmter Musikstile und Bands über Emo-Themen und Cosplay bis zu pornografischen Selbstinszenierungen. Das vorangestellte E steht für electronic und soll den Bezug zum Cyberspace betonen.

Begriffsdeutung

Das wesentliche Element dieser Jugendkultur ist die Verbindung der eigenen realen Identität mit einer virtuell transportierten Identität und der Lebensweisen dieser beiden Identitäten. E-Kids (neben den E-Girls gibt es auch einen kleinen Anteil E-Boys in der Szene) kodifizieren ihre Identität durch Stilelemente aus dem japanischen Anime und Hentai, aber auch aus anderen Strömungen wie Gothic, Emo, BDSM, Punk, Grunge, Metal usw.

Mit dem Cosplay finden sich sehr breite Überschneidungen, sodass man die beiden Themen nicht klar abgrenzen kann, vielmehr ergänzen und befördern sie sich im Internet immer weiter.

Kodifizierung des Stils

Diese Kodifizierung ist die Umsetzung eines sozial etablierten, nicht formal verhandelten Regelwerkes, das übliche Codes für bestimmte Aussagen festlegt. Die E-Girls definieren ihr Verständnis und die Benutzung dieser eigenen Codesprache als wesentlichen Kern des Dazugehörens zu dieser Szene. Wer die Codes nicht versteht, ist nicht dabei und wird auch recht deutlich ausgegrenzt.

 
Confu Collins mit E-Girls-Mimik für "ich nehme das nicht ernst, bin aber sexuell erregt". Kombination aus Geste am Höschen und Ahegao ohne verdrehte Augen, was dann die Steigerung wäre.

So steht die beliebte Mimik Ahegao für maximale sexuelle Ekstase. Die einfach nur frech herausgestreckte Zunge transportiert "ich nehme das hier alles nicht so ernst" oder "just kidding". Besonders kindlich-mädchenhafte Kleidung und kindliche Gesten, wie nach innen gedrehte Knie und Fußspitzen, transportieren "ich bin ja so schüchtern", während das Choker-Halsband die Brücke zu eindeutig sexuellen Spielarten des BDSM schlägt, dabei aber keine Unterwerfung signalisiert, sondern eher die wilde, (selbst) befreite Sexualität transportiert. Die Liste der Codes ist lang und stark sexuell bis pornografisch geprägt. Sie ist ein breiter und nicht leicht zu erfassender Stilmix mit vielen Details, die von fein abgestimmten Stimmungsbeschreibungen bis zu detaillierten Codes für sexuelle Vorlieben und gewünschte Praktiken im Grunde alles enthält, was Jugendliche für wesentliche Elemente ihrer Sozialisation halten.

Ein großer Teil dieser Codes kommt aus Japan und wurde von den Otakus (japanische Nerds) geprägt. Waifu, die Ehefrau und Husbando, der Ehemann sind ursprüngliche Wortspiele mit den englischen Begriffen Wife und Husband. Um die Jahrtausendwende wurden sie aber stärker als Codes verwendet mit Waifu als ideale Frau im Weltbild eines Otaku. Sie ist meistens unerreichbar für den Nerd und oft baut er sich einen virtuellen Avatar als Ersatz, um sie zu verehren.

 
Confu Collins beim Cosplay mit sexualisierter Geste für Oralsex, Unschuld, Schüchternheit aber zugleich eine sexuelle Aufforderung

Der Senpai ist eine Person, die länger zu einer Gruppe gehört als man selbst. Es ist ein Hierarchiebegriff, dessen Gegenteil der Kohai ist. Im E-Girls- und Cosplaycode sind das meistens ältere Schüler oder Lehrer, was zugleich als Synonym für eine autoritäre Machtposition steht, die neben sozialer auch sexuelle Macht über die jüngeren Mädchen ausübt, was beliebter Ausgangspunkt für spontanen Sex und Orgien ist. Dies passt gut ins E-Girl-Konzept, welches das schüchterne junge Mädchen sieht, das von der Autorität zu Sex ermuntert, bisweilen auch genötigt wird und dies sofort und gerne in exzessiver Weise auslebt. In Real Life Hentai lässt sich das sehr gut umsetzen und mit den beliebten Cosplay-Kostümen gestalten. Die symbolischen Mimiken wie Ahegao werden hierbei in Varianten und wie eine Tonleiter zur Darstellung von Erregungszuständen und deren Steigerung eingesetzt.

Sexualisierung des Stils

E-Girls bauen viele sexualisierte Elemente in ihre Selbstdarstellung ein und betonen in Selfies variantenreiche pornografische Inszenierungen. Stilbildende Elemente sind vor allem sexy Dessous, Piercings, bunte Haare, geflochtene Zöpfe, pinkes Make-up auf Wangen und Nasenspitze, das betont übertrieben appliziert wird, sowie Tattoos, wobei diese oft gestempelt, aufgeklebt oder mittels Transferfolien aufgetragen werden. Immer mehr tendieren E-Girls dazu, auch echte und großflächige Tattoos, meist mit Fantasiemotiven stechen zu lassen. Das Stechen selbst wird hierbei oft zum gefilmten Event mit pornografischen Elementen.

Die Variabilität der erneuerbaren und neu gestaltbaren Tattoos ermöglicht eine sehr hohe thematische und gestalterische Flexibilität, um zum Beispiel pornografische Elemente und Aussagen für eine Onlinesession oder eine Party zu plakatieren, in der Schule oder am Arbeitsplatz jedoch konventionellere Darstellungen zu benutzen. Bestimmte Make-up-Elemente, Haarfarben und diverse kodifizierte Accessoires spielen eine große Rolle für die virtuellen Avatare wie für die Persönlichkeiten im realen Leben. Die Kopplung zwischen beiden Welten in allen Lebensbereichen ist charakteristisch für die E-Girls.

Ein fortgeschrittenes Level der pornografischen Umsetzung entstammt ursprünglich dem Cosplay, wurde aber durch die E-Girls erst fest etabliert und in der Breite ausgebaut. Beliebt sind die Katzen- und Fuchsohren, der puschelige Fuchsschwanz am Analplug sowie das Zitieren von Figuren aus Comics und Comicverfilmungen wie Sailor Moon oder Super Mario. Dies etablierte den Real Life Hentai als eigene pornografische Stilrichtung mit einer eigenen Handlungskonzeption und eigener Farben- und Formensprache, eigenem Wortschatz und eigenen Symbolen bis hin zu einer eigenen Ästhetik.

Virtualisierung des Stils

E-Girls inszenieren sich im Cyberspace so, wie sie es in real world oft nicht können oder dürfen, weil etwa die Eltern oder andere gesellschaftliche Feedbacks die zumeist sexuellen Übertreibungen kritisieren. Der Vorteil des Avatars besteht im Wesentlichen darin, Themen ausprobieren zu können und deren Wirkung auf andere in einem relativ sicheren Rahmen zu erforschen. Grenzen und Möglichkeiten pornografischer Selbstinszenierung ohne die Gefahr problematischer Reaktionen gleichaltriger, aber unerfahrener Partnerinnen und Partner auszutesten, überfordert den Partner oft und ist wegen des pornografischen Gehalts im öffentlichen Raum oft gar nicht möglich oder nicht akzeptiert. Besonders in Gesellschaften mit massiv heterogenen Wertegefügen sind kontrollierbare Reaktionen auf sexuelle Symbole, Signale und Experimente sehr riskant.

Erweiterte Szene

Daraus entstand eine wesentliche Eigenschaft der E-People Szene: Sie findet im Wesentlichen online statt, da es eher um das Aussehen und seine Wirkung auf Betrachter geht, weniger darum, die angedeuteten Aktivitäten tatsächlich umsetzen zu wollen. Umsetzungen werden häufig eher angedeutet oder angespielt wie im Cosplay, was unmittelbare sexuelle Handlungen einschließt, die dann jedoch oft nicht vollständig ausgelebt werden. Es bleibt dann beim Zitieren einer Idee oder Szene wie im Comic.

Die E-Kids sind damit eine eigene, pornografisch konnotierte Kunstform geworden, die maßgeblich von den E-Girls geführt und geprägt wird. Der betont verweichlichte, bzw. bewusst entmännlichte E-Boy dient dazu, dem E-Girl einen überzeichneten formal männlichen Gegenpol zu geben, weil die sexuellen Andeutungen mit jemandem gespielt werden müssen, sodass diese Jungs die Rolle als "im Prinzip männlich" spielen. Diese Rollenbetrachtung sieht die Jungs eher als Staffage, sie sollen bewusst keine Gefahr darstellen, also lieber Elfenohren tragen als kräftig gebaut mit ausgeprägtem sexuellen Sendungsbewusstsein in Erscheinung zu treten.

Abgrenzung des Stils

Die Grenzen zwischen E-People, ihrer sexualisierten Selbstinszenierung und der Pornografie im klassischen Sinne ist fließend wie bei den meisten Internetkulturen. Die Abgrenzung zu ähnlichen Charakterprojektionen, wie etwa dem Gamer Girl, sind ebenfalls unscharf. Vom Gamer Girl übernimmt das E-Girl den exzessiven Gebrauch von Internet, Social Media und Computerspielen mit Ausflügen in das Nerdtum und geeky Selbstinszenierung, sowie die freizügige Präsentation ihrer körperlichen Vorzüge. Die pornografisch inszenierten Elemente des Gamer Girl Images beziehen sich weniger auf sexuelle Handlungen, sondern eher auf pornografisch überhöhte Darstellungen von Äußerlichkeiten der Charaktere in Anlehnung an Manga- bzw. Animefiguren durch freizügige Kleidung, Betonung der sekundären Geschlechtsmerkmale und betont coolen Umgangs mit sexuellen Themen, sowie eine stark kodifizierte Symbolsprache zum Ausdruck sexueller Wünsche und der Kommunikation von nicht dargestellten aber gedachten sexuellen Handlungen. Es geht um ein ausschweifendes Kopfkino, weniger um real stattfindenden Sex.

Das Besondere an dieser Inszenierungsform ist, dass sie den pornografischen Kontext, etwa konkrete Spielarten des Geschlechtsverkehrs in verschiedenen Rahmenbedingungen, sehr unmissverständlich und detailliert beschreiben kann, ohne tatsächlich in die Tat zu gehen. Zugleich wird die "Schüchternheit" der Protagonisten betont. Da sich die Szene maßgeblich im Internet abspielt, ist diese kodifizierte und übersteigerte Darstellungsform notwendig, um die Regelwerke der gängigen Social-Media-Plattformen zu erfüllen und trotzdem explizite Darstellungen von ausschweifender Sexualität versteckt zu transportieren. Es geht darum, sich selbst möglichst freizügig abzubilden und dabei immer genug "entschuldigenden Interpretationsraum" zu lassen, um noch medienkonform zu bleiben.

Berühmte E-Girls

Stilprägende Berühmtheiten dieser Strömung sind die Influencerinnen Belle Delphine, Purple Bitch, Rusty Fawkes oder die Musikerin Billie Eilish.